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Großsteingräber „Reckumer Steine“**
nahe Reckum, Samtgemeinde Harpstedt
Erlebnisroutenstation Nr. 37
Parkmöglichkeit: am Straßenrand (ca. 5 m)
Öffentl. Verkehrsmittel: Nordwestbahn Bremen – Osnabrück, Bhf. Wildeshausen (ca. 6 km)
Rollstuhleignung: nur Grab I
Gastronomie: Zahlreiche gastronomische Betriebe in Wildeshausen (ca. 4,5 km)
Die „Reckumer Steine“ imponieren durch ihren ausnehmend guten Erhaltungszustand und zwei wunderbar phantasievolle Sagen. Wir empfehlen dringend einen Besuch der beiden urgeschichtlichen Relikte.
„Reckumer Steine“, Grab I
„Reckumer Steine“, Grab II
Anfahrt:
Radfahrer und Radfahrerinnen: Die Großsteingräber sind in die Routen 5, 6 und 7 der archäologischen Erlebnisrouten „Faszination Archäologie“ eingebunden. Unsere als pdf-Dokumente erhältlichen ausführlichen Routenbeschreibungen führen Sie unmittelbar zu den Großsteingräbern.
Sollten Sie mit dem PKW anreisen, fahren Sie bitte von Wildeshausen Richtung Katenbäker Heide/Rüdebusch/Hölingen. Etwa 750 m nach der Ortschaft Rüdebusch finden Sie die Gräber links und rechts des Straßenrandes (Ausschilderung): Grab I befindet sich gut sichtbar direkt auf der Westseite, Grab II hinter Bäumen versteckt, etwa 140 m weiter nördlich auf der Ostseite inmitten eines in Privatbesitz befindlichen Feldes (ohne gesonderte Zuwegung).
Grabgeschichte(n)I: Von versteinerten Schafen und gelangweilten Riesen
Benannt nach der nahegelegenen Ortschaft Reckum, täuscht die simple Namensgebung über die tatsächliche Aufmerksamkeit hinweg, die die Reckumer ihren Steinen in der Vergangenheit angedeihen ließen: Bis ins 18. Jahrhundert zurück lassen sich Schriften verfolgen, die sich den beiden jungsteinzeitlichen Kolossen widmeten. Darüber hinaus ersann man gleich zwei findige Sagen:
Die zerstrittenen Schäfer
Der ersten Sage nach entstanden die Reckumer Steine wegen eines heftigen Zwists zweier Schäfer: Jeder der beiden nahm für sich in Anspruch, einen herannahenden Bienenschwarm zuerst gesichtet zu haben. „Ik woll, dat du es en griesen Steen dar sitten bleevst“ (Ich will, dass Du als ein großer Stein sitzen bleibst) schrie der eine aufgebracht. „Un ick woll, dat du mi ewig Sellskopp doon mößt“ entgegnete der andere wütend. Sprachs, und schon erstarrten beide Schäfer samt ihrer Herden zu Stein. Alle hundert Jahre zur Heideblüte, glauben die Reckumer, löse sich für eine Nacht der Zauber. Dann zögen die Schafe bei Mondlicht über die Heide, die Schäfer aber führten ihren alten Streit fort bis sie im Morgengrauen erneut ihre Stimme erheben: „Joe Tied is vörbi! (Die Zeit ist vorbei!) und schon würden alle wieder zu Stein.
Befreundete Riesen
Gänzlich anderen Ursprungs sind die „Reckumer Steine“ einer zweiten Sage nach: Zwei eng befreundete Riesen, der eine ansässig im heutigen Kleinenkneten, der andere am rechten Hunteufer nahe der Dehmse, teilten sich eine Axt. Oft brauchten sie sie, um Holz für ihre riesigen Backöfen zu schlagen. Damit beide – trotz der Entfernung – stets ungehinderten Zugriff auf die Axt hatten, deponierten sie sie auf der Mitte des Weges nahe der Hunte. Eines Tages hatte der Fluss Hochwasser und so stapfte einer der Riesen durch das Überschwemmungsgebiet. Als sich seine Stiefel randvoll mit Wasser gefüllt hatten, leerte er sie mit einem heftigen Schwung. Mit dem Wasser katapultierte er unzählige große Steine auf die nahegelegenen Heide. Kurz darauf folgte ein wunderschöner Sommertag und beide Riesen sonnten sich an der Hunte. Bald langweilten sie sich, doch einer der Riesen hatte eine zündende Idee: Sie trugen die größten der neulich aus den Stiefeln geschütteten Findlinge zusammen und errichteten zwei mächtige Kammern – die Kammern der „Reckumer Steine“.
Grabgeschichte(n)II: Die Unerschlossenen
Seit Jahrhunderten ruhen die „Reckumer Steine“ weitgehend unberührt vor sich hin. Wissenschaftliche Untersuchungen wurden bislang nicht vorgenommen. Mit Ausnahme einer einzelnen Scherbe aus Grab I sind keine Funde bekannt. An den berühmten „Heidenopfertisch“ bei Engelmannsbäke (51) erinnernd, trägt Grab I im Volksmund auch den Namen „Opferaltar“. Angesichts dieser Namensprägung sieht man sich zum wiederholten Male mit den zahlreichen, irritierenden Deutungsversuchen von Großsteingräbern während der letzten Jahrhunderte konfrontiert: Die durch Trag- und Decksteine gebildete tischähnliche Form des Grabes verleitete zu dem Trugschluss, hier hätten die von vermeintlich rohen Sitten heimgesuchten, heidnischen Vorfahren ihren Göttern mit Tier- und Menschenopfern gehuldigt. - Ein erneuter Beleg für die mangelnde Toleranz gegenüber Andersgläubigen?
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