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Großsteingräber „Große Steine“***
(Hünenbett I, II, III)
bei Kleinenkneten, Stadt Wildeshausen
Erlebnisroutenstation Nr. 48
Parkmöglichkeit: am Waldrand (ca. 40 m)
Öffentl. Verkehrsmittel: Weser-Ems-Bus, Linie 263 (Wildeshausen – Lüerte), Station „Eschbänken“
Nordwestbahn Bremen – Osnabrück, Bhf. Wildeshausen (ca. 5 km)
Rollstuhleignung: bedingt (unebene Zuwegung)
Gastronomie: Zahlreiche gastronomische Betriebe in Wildeshausen (ca. 3,5 km)
Die „Großen Steine“ von Kleinenkneten, drei dicht beieinander gelegene Großsteingräber, gehören zu den bekanntesten archäologischen Sehenswürdigkeiten der Wildeshauser Geest. Einzig hier können Sie ein mit Erdaufschüttung rekonstruiertes Großsteingrab besichtigen (Hünenbett I) und innerhalb Niedersachsens treffen Sie nur hier auf eine jungsteinzeitliche Grabanlage mit drei Kammern (Hünenbett II).
„Große Steine“, Hünenbett I
„Große Steine“, Hünenbett II
Anfahrt:
Radfahrer und Radfahrerinnen: Die Großsteingräber sind in die Routen 5, 6 und 7 der archäologischen Erlebnisrouten „Faszination Archäologie“ eingebunden. Unsere als pdf-Dokumente erhältlichen ausführlichen Routenbeschreibungen führen Sie unmittelbar zu den Großsteingräbern.
Sollten Sie mit dem PKW anreisen, fahren Sie bitte auf der L 882 von Wildeshausen Richtung Kleinenkneten und folgen nach etwa 2 km der Ausschilderung.
Grabgeschichte(n)I: Das Werk spielfreudiger Riesen?
Wen beeindrucken sie nicht, die „Großen Steine“ von Kleinenkneten? Bei Hünenbett I, dem drittgrößten Hünenbett der Wildeshauser Geest, wurden über 90 Findlinge mit einem Gesamtgewicht von ca. 300 Tonnen verbaut. Für die Überhügelung beanspruchte man rund 700 qm Erde. Alles in allem hätte man mit dem Baumaterial 45 Eisenbahnwaggons füllen können.
Dabei sind die „Großen Steine“ der Sage nach völlig lapidar entstanden: Quirlige Riesen spielten mit Findlingen Fangball und verschwanden nach Spielbeendigung sang- und klanglos - ohne aufzuräumen. Doch der Sage nach hinterließ einer der Riesen auf dem größten Stein fünf verräterische Fingerabdrücke.
Wie aber hatten die Menschen der Trichterbecherkultur das Hünenbett I nun tatsächlich errichtet? Grabungsarbeiten während der 1930er Jahre bestätigten bisherige Theorien zur Erbauung: Zwischen die riesenhaften Findlinge der Umfassung setzte man kleinere Bruchsteine und erhielt auf diese Weise eine lückenlose Mauerfläche. Der Kammer ließen die jungsteinzeitlichen Baumeister besonders große Sorgfalt angedeihen: Sie pflasterten den Kammerboden mit faust- bis kopfgroßen Steinen – und zwar teilweise in doppelter Schichtung! Der Erddamm indes ließ keine nennenswerten Einbauten erkennen und war eindeutig als beabsichtigter Teil der Grabstätte in einem einzigen Arbeitsgang aufgeschüttet worden.
Die Grabungsarbeiten gaben den Blick auf einige Grabbeigaben frei. Wenngleich das Grab offenbar noch in jüngerer Zeit geplündert worden war, konnte man immerhin noch zwei Gefäße - eines von ihnen sogar in intaktem Zustand - sowie zwei Steinbeile, 67 Pfeilspitzen, Bernsteinperlen und die kärglichen Reste von Zähnen bzw. eines Röhrenknochens bergen. Nach Beendigung der archäologischen Untersuchungen wurde das Grab komplett rekonstruiert und mit einem neuen Grabhügel versehen.
Grabgeschichte(n)II: Hanebüchener Germanenkult
Keineswegs harmloser Forschergeist, sondern absurde politische Vereinnahmung gab den Anstoß für die Kleinenkneter Grabungsarbeiten von 1934 bis 1939: Der Oldenburger Architekt Hermann Wille war von nationalsozialistisch-rassistischer Ideologie verblendet und behauptete in seinem 1933 erschienenen Buch „Germanische Gotteshäuser zwischen Weser und Ems“, bei den Großsteingräbern der Region handele es sich um Reste germanischer Tempelanlagen. Obwohl bereits seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert wiederholt eindeutig belegt worden war, dass die Bauwerke aus der Jungsteinzeit stammten und definitiv als Grabstätten – und zwar als europaweit (!) nachweisbare Grabstätten – erbaut worden waren, entbrannte ein heftiger Streit in Fachkreisen. Willes groteske Thesen stießen auf eine derart breite Resonanz, dass sich der damalige Leiter des Staatlichen Museums für Naturkunde und Vorgeschichte in Oldenburg, Karl Michaelsen, zu exemplarischen Grabungen inspirieren ließ. Ausgiebige Untersuchungen der Kleinenkneter „Großen Steine“ sollten endgültige Klarheit über die originäre Funktion der monumentalen Anlagen bringen.
Noch heute verwundert dieser Zwist in Fachkreisen. Wenn man sich schon nicht eingestehen wollte, dass jene Monumente in weiten Teilen Europas – und zwar in alles andere als „germanisch“ geprägten Teilen Europas - entstanden waren, so hätte man zumindest einräumen müssen, dass die Germanen erst lange nach der Jungsteinzeit in Erscheinung getreten waren.
Rekonstruktionsarbeiten beim „Hünenbett I“ in den 1930er Jahren
(Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg)
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