Großsteingräber
Meisterwerke der Jungsteinzeit
Sie sind die ältesten erhaltenen Bauwerke Nordwestdeutschlands und sie legen beredtes Zeugnis über den intensiven Jenseits-Glauben unserer Vorfahren ab: Die jungsteinzeitlichen Großsteingräber, auch Megalithgräber (griech.: mega = groß; lithos = Stein) genannt. Zwischen 3500 und 2700 vor Chr. errichtet, sind sie älter als die Pyramiden von Gizeh und legten ihren Nachfahren zu allen Zeiten Rätsel auf. Im Naturpark Wildeshauser Geest sind nicht nur ungewöhnlich viele, sondern auch ungewöhnlich große Megalithgräber beheimatet. Der so genannte „Visbeker Bräutigam“ (30) etwa gilt mit einer Länge von 104 m als größtes „Hünenbett“ Niedersachsens. Schon im frühen 20. Jahrhundert pilgerten täglich bis zu 500 Besucher und Besucherinnen zu diesem grandiosen Monument.
Sonntagsspaziergang zur Visbeker Braut im frühen 20. Jahrhundert
(aus: Hermann Gerdsen, Großsteingräber in der Umgebung von Wildehausen
auf alten Photographien und Postkarten. Oldenburg 2001
Sagen-Hafte Steine: Erzählungen und Mythen
Schon im Mittelalter war man der Überzeugung, dass die von tonnenschweren Steinen gesäumten Grabanlagen nur von Riesen für ihresgleichen errichtet worden sein könnten.
Die Erbauung eines Großsteingrabes nach der Vorstellung Johann Picardts (17. Jh.;
aus: Vom Eise befreit. Geest – reiche Geschichte auf kargem Land. Oldenburg 2002
Die bis heute geläufige Bezeichnung „Hünengrab“ bzw. „Hünenbett“ scheint dieser Legendenbildung anschaulich Rechnung zu tragen. In Wahrheit allerdings wurde der Begriff von dem im Niederdeutschen gemeinhin für Gräber gebräuchlichen Wort „hunnebed“ (Totenstätte) abgeleitet. Dessen ungeachtet rankten zahlreiche volkstümliche Sagen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts noch immer um den Riesen-Mythos: So erzählte man sich, die drei Steinkimmer Großsteingräber (17-19) seien durch Ballspiele zweier Riesen entstanden, denn „Minsken harren dat woll laten schullt, de so binanner to släpen“ (Menschen hätten es gelassen, Steine so zusammen zu tragen). Die Reckumer Steine (37) indes hielt man lange für eine versteinerte Schafsherde, und beim Heidenopfertisch (51) schien keinerlei Zweifel zu bestehen: Hier mussten die vermeintlich barbarischen Vorfahren ihren Göttern mit Menschenopfern gehuldigt haben. Man tuschelte, die rötlichen Flechten des 40 Tonnen schweren Decksteins seien in Wahrheit gar keine Flechten, sondern vertrocknetes Blut...
Mangelnder Glaube oder Gehorsam wurden auch bei der heute wohl bekanntesten Sage, der Sage von „Visbeker Braut und Bräutigam“ unterstellt: Man munkelte, die durch den rund 4 km langen Brautweg miteinander verbundenen Gräber gleichen Namens (30, 55) seien entstanden, da sich Gretchen, eine Bauerntochter aus reichem Hause, gegen die vom Vater festgesetzte Vermählung mit einem ungeliebten Manne wehrte. Lieber erstarre sie, als diesen Mann ehelichen zu müssen, rief sie am Tage der Hochzeit aus und umgehend wurde sie samt Bräutigam und Hochzeitsgesellschaft zu Stein.
Verbreitete Steine: Die Megalithkulturen
Im nördlichen Mitteleuropa, und somit auch in der Wildeshauser Geest, wurde die Megalithkultur durch die Angehörigen der so genannten „Trichterbecherkultur“ (ca. 3500-2700 v. Chr.) geprägt. Der kompliziert klingende Name wurde aus dem häufigsten Grabfund abgeleitet - aus Tongefäßen mit trichterförmigem Hals.
Verbreitung der Megalithkulturen in Nordafrika und Europa (nach H. Schirnig 1979
Im nördlichen Mitteleuropa, und somit auch in der Wildeshauser Geest, wurde die Megalithkultur durch die Angehörigen der so genannten „Trichterbecherkultur“ (ca. 3500-2700 v. Chr.) geprägt.
Der kompliziert klingende Name wurde aus dem häufigsten Grabfund abgeleitet - aus Tongefäßen mit trichterförmigem Hals.
Trichterbecher mit Stichverzierungen (um 3500-2700 v. Chr.).
Die Gefäße wurden aus vor Ort gewonnenem Ton in Form so genannter Aufbaukeramiken produziert.
D.h. die Becher wurden nicht etwa mit einer Töpferscheibe,
sondern mittels spiralförmig übereinander gelegter Wülste gebildet
und nach eingehender weiterer Bearbeitung gebrannt. (Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg)
Im Gegensatz etwa zu Malta, wo die Megalithkultur großzügige Tempelanlagen hinterließ, trifft man in Nordwestdeutschland ausschließlich auf Großsteingräber.