Faszination Archäologie - Mystische Routen rund um die Steinzeit
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Pestruper Gräberfeld***
Bei Wildeshausen, Stadt Wildeshausen

Erlebnisroutenstation Nr. 43

Parkmöglichkeiten

Parkmöglichkeit: Parkplatz auf gegenüberliegender Straßenseite
Öffentliche Verkehrsmittel

Öffentl. Verkehrsmittel: Nordwestbahn Bremen – Osnabrück, Bhf. Wildeshausen (ca. 4 km)
Zugang für Rollstuhlfahrer

Rollstuhleignung: bedingt (hügeliges Terrain, vom Parkplatz muss Landstraße überquert werden)
Gastronomie

Gastronomie: zahlreiche gastronomische Betriebe in Wildeshausen (ca. 2 km)

Wer kennt es nicht, das Pestruper Gräberfeld? Begehrtes Ausflugsziel ist diese größte bronze- und eisenzeitliche Nekropole des nördlichen Mitteleuropa nicht nur wegen ihr kulturhistorischen Relevanz. Insbesondere während der Heideblüte im Spätsommer lädt das Gelände zu ausgedehnten Spaziergängen ein. Das Terrain gilt als eine der letzten großen, zusammenhängend erhaltenen Heideflächen des Oldenburger Raums und steht unter Naturschutz.

Pestruper Gräberfeld, Vogelschau

Pestruper Gräberfeld, Vogelschau
Blick auf den Schafkoben

Blick auf den Schafkoben

Anfahrt:

Radfahrer und Radfahrerinnen: Das Gräberfeld ist in die Routen 5, 6 und 7 der archäologischen Erlebnisrouten „Faszination Archäologie“ eingebunden. Unsere als pdf-Dokumente erhältlichen ausführlichen Routenbeschreibungen führen Sie unmittelbar zum Gräberfeld.
Sollten Sie mit dem PKW anreisen, fahren Sie bitte die K 248 von Wildeshausen Richtung Colnrade/Goldenstedt. Nach ca. 1,5 km folgt ein ausgeschildeter Parkplatz. Von hier brauchen Sie lediglich die Kreisstraße zu überqueren und schon befinden Sie sich auf dem Gelände des Gräberfeldes.

Grabgeschichte(n) I: Ein gigantischer Friedhof für pestkranke Riesen?

Über 530 erhaltene Grabhügel und ein Gelände von rund 30 ha - zweifelsfrei verfügt dieser Friedhof über gigantische Ausmaße. Natürlich bewegte ein Friedhof dieser Größenordnung zu allen Zeiten die Gemüter. So entstand die Erzählung, das Gräberfeld sei die letzte Ruhestätte massenhaft an Pest verendeter Riesen und noch heute erinnere der Name „Pestrup“ an jene Seuche.

Leider hat der Mensch auch hier in den letzten Jahrhunderten zerstörerische Spuren hinterlassen: Von jeher durchstöberte man die Gräber nach wertvollen Schätzen oder ließ sich zu unsystematischen Grabungen hinreißen. Mit der landwirtschaftlichen Nutzbarmachung ging eine Zerklüftung des ursprünglichen Gräberareals und eine unwiederbringliche Zerstörung zahlreicher Grabhügel einher. Zur Verhinderung weiterer gewaltsamer Eingriffe wurde das Pestruper Gräberfeld 1992 zum Grabungsschutzgebiet erklärt - dem größten Grabungsschutzgebiet Niedersachsens, das zugleich wohl eines der größten der gesamten Bundesrepublik darstellt.

Pestruper Gräberfeld

Grabgeschichte(n)II: Asche zu Asche? Zur Vielfalt der Bestattungskultur

Bei den heute noch sichtbaren Hügeln muss grundsätzlich zwischen drei Typen differenziert werden: Die Mehrheit der Hügel markiert einen durch eine Höhe von kaum mehr als 1,50 m charakterisierten Grabtypus. Im Norden des Gräberfeldes indes stößt man auf einen zweiten Typus. Diese größeren, im oberen Bereich abgeflachten Hügelgräber nannte man „Königshügel“. Lange verfiel man dem Glauben, hier seien bedeutende Personen zu Grabe getragen worden. Erst Ende der 1950er Jahre widerlegte die Untersuchung eines „Königshügels“ diese These grundlegend: Man enttarnte den Hügel nicht etwa als Grablege der Bronzezeit (ca. 2000-700 v. Chr.), sondern schlicht als bronzezeitlichen Verbrennungsplatz. Erst in der vorrömischen Eisenzeit (ca. 700 v. Chr. – Chr. Geb.) ließ man nachträglich einige Graburnen in den Hügel ein. Zudem stieß man auf unerwartete Spuren - auf Spuren einer Siedlung aus der ausgehenden jüngeren Steinzeit.

Den dritten Grabtypus bilden rund 14 hochackerähnliche, langgestreckte Wälle im Zentrum des Gräberfeldes. 1959 untersuchte man einen dieser so genannten „Langhügel“ und gelangte auch hier zu überraschenden Erkenntnissen: Der etwa 40 cm hohe, 8 m breite und 33 m lange Wall barg ein Knochenlager mit einer eisernen Nadel in sich. Zugleich überdeckte er nahezu vollständig einen weiteren Grabhügel. Unter diesem Grabhügel wiederum entdeckte man eine Scheiterhaufenbestattung mit eisernen Beigaben (Gürtelhaken und Schnallen) sowie zwei Tongefäßen. Nach eingehender Untersuchung stand fest, dass der untere Grabhügel eindeutig als der ältere betrachtet werden muss. Der Wall wurde somit erst später angeschüttet. Allerdings veranlasste die zeitliche Nähe der Beigaben von Wall und Hügelgrab zu dem Schluss, dass beide Bestattungen in nur kurzer zeitlicher Distanz erfolgten (um 400 v. Chr.). Außerdem spürte der Grabungsleiter J. Pätzold unter dem Grabhügel alte Pflugfurchen auf, die er als Zeugnisse rituellen Pflügens, d.h. im Kontext damaligen Totenkultes interpretierte. Eine endgültige Datierung aller Bestattungen ist nach den bisher vorliegenden Untersuchungen nicht möglich. Das Gros der Grabfunde entstammt der älteren vorrömischen Eisenzeit; allerdings wurde auch eine etwa 50 cm lange Schwertklinge geborgen, die eindeutig in der älteren Bronzezeit angefertigt wurde.

Beim Pestruper Gräberfeld wurde die Asche der Verstorbenen mehrheitlich in Urnen beigesetzt. Doch stieß man bei Grabungen auf einen interessanten Fund: In einigen Gräbern wurde der Leichenbrand nicht etwa fein säuberlich von seinen Brandrückständen getrennt und anschließend in eine Urne gefüllt, sondern samt Leichenbrand, Holzkohle und vor allem samt der (gleichermaßen verbrannten) Beigaben direkt mit Erde überhügelt.

Besuchen Sie auch folgende archäologische Sehenswürdigkeiten in der Nähe:

„Große Steine“ bei Kleinenkneten (ca. 2,5 km)

Bargloyer Steinkiste(ca. 5,5 km)

Großsteingrab „Hohe Steine“ (ca. 6 km)

Hügelgräber bei Einen(ca. 7 km)

Großsteingräber „Reckumer Steine“(ca. 7 km)

Hügelgräber bei Wohlde(ca. 10 km)